Risikoaversion: Was man von Teslas Politisierung lernen kann
Am 10. März 2025 stürzten die Tesla-Aktien um 15,5 % ab und schlossen bei 222,15 $: der stärkste Tagesverlust seit fast fünf Jahren. Der Ausverkauf folgte auf einen dramatischen Rückgang der Tesla-Verkäufe in Deutschland im Februar – ein Minus von 76 % im Jahresvergleich, mit nur 1.429 verkauften Fahrzeugen im ganzen Land.
Im Zentrum dieses Rückgangs? Elon Musks öffentliche Unterstützung der rechtsextremen AfD während der entscheidenden Bundestagswahl – ein Schritt, der den kalifornischen Autobauer politisierte und eine breite Marktreaktion sowie Kritik auslöste.
Der darauffolgende Einbruch von Absatz und Aktienkurs spiegelte einen Wandel in der Wahrnehmung des E-Auto-Giganten wider: Die Marke wurde nicht mehr nur als Produkt gesehen, sondern als politisches Symbol – ein klassisches Beispiel für das, was wir die Politisierung von Aktien nennen.
Was ist die Politisierung von Aktien?
In der heutigen emotional aufgeladenen Welt hängt die Marktleistung eines Unternehmens nicht nur von den Gewinnen ab, sondern zunehmend auch von politischen Überzeugungen. Dieses Phänomen ist nicht neu, gewinnt jedoch in den 2020er-Jahren enorm an Bedeutung – in einem Jahrzehnt, in dem Wahrnehmung, Identität und Werte genauso starke Kurstreiber sein können wie Gewinnprognosen.
DEFINITION
Der Ausdruck „Politisierung von Aktien“ beschreibt den Moment, in dem ein Unternehmen oder seine Führung öffentlich mit einer politischen Ideologie in Verbindung gebracht wird und die Aktie dadurch zu einem spaltenden Symbol wird. Die Reaktionen der Anleger basieren dann nicht mehr auf fundamentalen Daten, sondern auf emotionalem Empfinden – getrieben von persönlicher Identität, Werten und gesellschaftlicher Haltung.
Kaum ein Thema ist so umstritten wie Politik. Wird eine Aktie politisiert, steigt das Reputationsrisiko – und damit wird eine der stärksten Kräfte des Marktes aktiviert: Risikoaversion
Was ist Risikoaversion?
DEFINITION
Risikoaversion ist der natürliche menschliche Drang nach Sicherheit. Im Handel dient dieser Instinkt meist dem Selbstschutz. Doch wenn er sich am Markt breitmacht, kann er zu einer Kraft werden, die Massenverkäufe auslöst.
Um zu erkennen, wann eine Aktie, an der Sie interessiert sind, Gefahr läuft, Teil eines Ausverkaufs zu werden, müssen Sie genau verstehen, was dieser kognitive Prozess bedeutet. Schließlich mag es einfach klingen, Risikoaversion zu identifizieren – doch das ist alles andere als leicht.
Noch vor einem Jahr hätte niemand vorhergesagt, dass Tesla, eine der größten Aktien der Welt, am Ende als Beispiel für Risikoaversion dienen würde. Also, was ist passiert?
Den Markt navigieren
Mit einem Eröffnungskurs von 252,54 $ schien der 10. März 2025 zunächst eine Fortsetzung von Teslas damaliger Handelsspanne zu sein – ein typischer Handelstag stand offenbar bevor. Es gab keine wesentlichen Frühindikatoren oder Analystenberichte, die auf irgendwelche Bedenken hindeuteten.
Doch als die Märkte schlossen, lag die Aktie bei 222,15 $ – ein Rückgang von 15,4 %, ausgelöst durch ausgeprägte Risikoaversion. Innerhalb weniger Stunden wurden über 130 Milliarden US-Dollar an Börsenwert ausgelöscht.
Zwar standen die Märkte insgesamt unter Druck – der Nasdaq 100 fiel um fast 4 %, der S&P 500 um 2,7 % –, doch Tesla stach heraus: Der Rückgang von 15,4 % war nahezu dreimal so stark wie der Branchendurchschnitt im Technologiesektor. Der zweithöchste Verlust im Tech-Bereich kam an diesem Tag von Nvidia mit einem Rückgang von 5,1 %, dicht gefolgt von Apple mit 4,9 %. Keine andere große Tech-Aktie kam auch nur annähernd heran.
Hintergrund der Politisierung
Aber andererseits: Kein anderes Unternehmen stand mit seiner Führungsspitze so tief in politischen Auseinandersetzungen – und löste damit eine so weitreichende Risikoaversion aus.
Elon Musk war zwar bereits in der US-Politik aktiv gewesen, etwa als Leiter des Department of Government Efficiency unter der Trump-Regierung, doch im Vorfeld der deutschen Bundestagswahl vom 23. Februar 2025 bezog er auf ungewöhnlich öffentliche Weise politisch Stellung:
• Ein Beitrag auf X am 20. Dezember 2024, in dem er schrieb: „Nur die AfD kann Deutschland retten.“
• Ein Live-Gespräch mit der AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel am 9. Januar 2025.
• Ein überraschender Videoauftritt bei einer AfD-Wahlkampfveranstaltung in Halle am 25. Januar 2025.
Kommerzielle Folgen
Während der Markt für Elektrofahrzeuge in Deutschland im Januar 2025 um 53,5 % wuchs, gingen Teslas Neuzulassungen im selben Monat – nach Elon Musks erster öffentlicher Unterstützung der AfD Ende Dezember – um 59,5 % zurück: von 3.152 Fahrzeugen im Dezember auf nur 1.277.
Als Musk seine AfD-Unterstützung im Februar verstärkte, fielen Teslas Verkaufszahlen in Deutschland weiter drastisch – ein Rückgang von 76 % im Jahresvergleich und damit der stärkste Einbruch in der Unternehmensgeschichte auf diesem Markt. Es wurden nur noch 1.429 Fahrzeuge verkauft, gegenüber über 7.700 im Vorjahr.
Angesichts der zeitlichen Überschneidung zwischen Teslas kommerziellem Einbruch und Musks Politisierung sowie der Aussage von Professor Martin Fassnacht von der WHU – Otto Beisheim School of Management, dass „Musks politische Ambitionen dem Image von Tesla in Deutschland geschadet haben“, fällt es schwer, den Rückgang auf etwas anderes als Risikoaversion zurückzuführen, ausgelöst durch die Politisierung der Unternehmensführung.
Auswirkungen auf die Aktie
Nachdem das deutsche Kraftfahrtbundesamt am 5. März zum zweiten Mal in Folge rückläufige Tesla-Verkaufszahlen bekannt gegeben hatte, senkte der erfahrene Automobilanalyst der UBS, Joseph Spak, nur fünf Tage später seine:
• Auslieferungsprognose für das von Elon Musk geführte Unternehmen von 437.000 auf 367.000 für Q1 2025
• die Schätzung für das Gesamtjahr von 2 Millionen auf 1,7 Millionen Einheiten
• Kursziel für die Aktie des Elektroauto-Giganten von $259 auf $225, wobei er die Einstufung „Verkaufen“ beibehält
Der überarbeitete Bericht von Spak wurde vor der Öffnung der US-Börsen um 9:30 Uhr Eastern Time veröffentlicht. Unmittelbar nach der Markteröffnung begannen die Aktien von Tesla zu sinken, da die Risikoaversion um sich griff. Um 10:17 Uhr ET waren die Aktien um etwa 8,3 % gefallen und wurden um 240 $ gehandelt. Im Laufe des Tages sank der Aktienkurs weiter.
Doch hinter den Zahlen verbarg sich eine tiefgreifendere Veränderung: ein psychologischer Wendepunkt auf dem Markt, der von niemand anderem als der Risikoaversion angetrieben wurde.
Das Verhalten meistern
Die revidierte Umsatzprognose von Spak führte nicht nur zu einer Anpassung der Erwartungen, sondern löste auch eine weit verbreitete Risikoaversion aus. Bei vielen Händlern löste sie eine Welle der Unsicherheit und instinktiven Vorsicht aus. In diesem Moment übernahm die Risikoaversion die Kontrolle.
What are the elements of Risk Aversion?
Risikoaversion ist eine zutiefst menschliche Reaktion. Im Kern spiegelt sie unser natürliches Bedürfnis wider, Schmerz und Unsicherheit zu vermeiden.
Risikoaversion wird oft von drei zentralen psychologischen Kräften angetrieben:
Verlustaversion: Verluste schmerzen uns doppelt so stark, wie wir Gewinne genießen – das treibt uns oft dazu, zu früh auszusteigen.
Ambiguitätsaversion: Das Vertraute erscheint sicherer. Wir bevorzugen bekannte Risiken gegenüber unbekannten, selbst wenn Letztere potenziell höhere Gewinne bringen könnten.
Reueaversion: Die Angst, eine Entscheidung zu treffen, die wir später bereuen. Diese erwartete Reue führt zu Zögern und Selbstzweifeln.
Beispiel für Risikoaversion während des Tesla-Aktienabsturzes
Als die Tesla-Aktie am 10. März zu fallen begann, reagierten die Händler auf die allgemeine Marktsentiment gegenüber der Aktie des Elektroauto-Riesen: geprägt von Unsicherheit, Reputationsschäden und möglichem Bedauern, die Aktie gehalten zu haben.
Spaks revidierte Prognose war nicht die alleinige Ursache, diente jedoch eindeutig als entscheidender Faktor. Als der Bericht veröffentlicht wurde, verstärkte er das bereits bestehende zugrundeliegende Sentiment, wie zum Beispiel:
Verlustaversion
Neben rückläufigen Verkaufszahlen in Deutschland verzeichnete Tesla auch in seinem zweitgrößten Markt China einen starken Rückgang. Im Februar 2025 fielen die Verkaufszahlen auf 30.688 Fahrzeuge – ein Rückgang um 51,5 % gegenüber Januar mit 63.238 und 49,2 % im Jahresvergleich.
Aus Angst vor einem weiteren Wertverlust der Aktie des Silicon-Valley-Autoherstellers und getrieben von erhöhter Risikoaversion verließen die meisten Aktionäre innerhalb der ersten Handelsstunde den Markt.
Ambiguitätsaversion
Elon Musks Unterstützung der deutschen AfD im Dezember 2024 kam selbst für Investoren, die mit der Politisierung seines Images in den USA vertraut sind, überraschend. Dieser Schritt fügte Tesla eine neue Unsicherheitsebene hinzu, verursacht durch die zunehmend politisierte Führung, was sich offenbar negativ auf die Verkaufszahlen auswirkte.
Die Aussicht auf eine weitere Politisierung erzeugte Unsicherheit und verstärkte die Risikoaversion, da viele Händler die volatilen Kursbewegungen vermeiden wollten, die nun mit dem Besitz der von Elon Musk geführten Aktie einhergingen.
Reueaversion
Angesichts des Absturzes der Verkaufszahlen in Deutschland und China sowie der Politisierung von Musks Image in Deutschland und den USA zögerten viele Aktionäre, ihre Position zu halten, aus Angst, eine sinkende Aktie zu besitzen. Innerhalb der ersten Handelsstunde fiel der Tesla-Kurs um 8 %, was eine Welle von Verkäufen auslöste, die weniger auf Fundamentaldaten als auf das schmerzhafte Gefühl und die erhöhte Risikoaversion „Ich hätte früher verkaufen sollen“ zurückzuführen war.
Dies war jedoch nicht das erste Mal, dass Risikoaversion durch die Politisierung einer Aktie ausgelöst wurde. Ein ähnliches Ereignis ereignete sich zwei Jahre zuvor.
FALLSTUDIE ZUR RISIKOAVERSION: Bud Light und der Aktienkurssturz von AB InBev (2023)
Am 1. April 2023 startete die amerikanische Biermarke Bud Light eine kurze Social-Media-Kampagne mit der Transgender-Influencerin Dylan Mulvaney. Die Kampagne zeigte ein gesponsertes Video auf Mulaneys Instagram, in dem eine individuell gestaltete Bud-Light-Dose mit ihrem Gesicht präsentiert wurde, und bewarb den „Easy Carry Contest“ von Bud Light.
Die Politisierung von Bud Light
Darauf folgte eine der heftigsten Verbraucherreaktionen der jüngeren Geschichte. Konservative öffentliche Persönlichkeiten riefen zu einem Boykott auf und stellten die Partnerschaft als politisiert und ideologisch spaltend dar, darunter:
Der Country-Sänger Kid Rock postete ein Video, in dem er aus Protest Kisten Bud Light abschoss.
Der Country-Sänger Travis Tritt kündigte an: „Ich werde alle Anheuser-Busch-Produkte aus meiner Tour-Gastro-Ausstattung löschen.“
Der Rockmusiker Ted Nugent bezeichnete die Partnerschaft als „Inbegriff kultureller Verarmung“.
Bud Light war damit zum Symbol eines Kulturkampfes geworden. Die Kernkundschaft der Marke, traditionell Männer aus der Arbeiterklasse in den südlichen und mittleren Regionen der USA (sozial und politisch konservative Gegenden), reagierte schnell.
In der Woche bis zum 8. April 2023, eine Woche nach Mulaneys Instagram-Video, verzeichnete Bud Light einen Umsatzrückgang von 11 % im Vergleich zur gleichen Woche 2022. Eine Woche später, am 15. April 2023, lagen die Verkaufszahlen 21 % unter dem Vorjahreswert. In der Woche bis zum 29. April folgte ein weiterer Rückgang auf 23 %.
Risikoaversion im Fall AB InBev
Am 10. Mai stuften die Analysten von HSBC angesichts rückläufiger Verkaufszahlen die Aktie von AB InBev in einer internen Notiz von „Kaufen“ auf „Halten“ herab. Verfasst wurde die Analyse von Carlos Laboy, Managing Director im globalen Getränkesektor bei HSBC, der die „Bud Light-Krise“ als Hauptgrund anführte. Obwohl die Notiz nicht öffentlich zugänglich ist, berichteten verschiedene Medien wie CNBC und Fox Business darüber.
Zu diesem Zeitpunkt, im Bewusstsein der weitreichenden negativen Reaktionen auf Bud Light und eines drohenden Ausverkaufs, setzte bei den Aktionären von AB InBev Risikoaversion ein. Noch am selben Tag fiel der Aktienkurs von AB InBev minimal um 0,05 % von 65,94 $ auf 65,91 $. Obwohl gering, war dies der Beginn eines Ausverkaufs, der sich über den Monat hinweg fortsetzte.
Am 31. Mai schloss die Aktie von AB InBev bei 53,20 $, nach 66,39 $ am 31. März, was einem Rückgang von 20 % in zwei Monaten entspricht. Dieser Einbruch markierte die schlechteste monatliche Entwicklung für AB InBev seit der COVID-19-Pandemie im März 2020, als der Kurs um 23,2 % von 54,45 $ auf 41,83 $ fiel.
Unterschied zu Tesla
Bud Light hat sich von der Kontroverse 2023 nie vollständig erholt; sowohl der Absatz als auch die Markenwahrnehmung sind noch immer erheblich beeinträchtigt. Die Biermarke verlor ihren Status als Nummer 1 in Amerika an Modelo Especial und konnte ihn bislang nicht zurückgewinnen.
Trotz des Rückschlags für Bud Light erholte sich der Aktienkurs von AB InBev bis Mai 2025 und lag bei etwa 68,35 $, im Vergleich zu 66,39 $ im März 2023. AB InBev konnte die Verluste von Bud Light durch eine stärkere Performance anderer globaler Marken wie Michelob Ultra und Busch Light ausgleichen. Schließlich ist Bud Light nur eine Marke im Portfolio von AB InBev.
Im Gegensatz zu AB InBev, das auf ein vielfältiges Markenportfolio setzen kann, hängt Teslas Schicksal vollständig von einem einzigen Namen und einer einzigen Wahrnehmung ab.
Die Eroberung des Kognitiven
Wenn Risikoaversion-Ausverkäufe einsetzen, kündigen sie sich selten mit Sirenen an. Sie flüstern durch verpasste Signale.
Wenn du einen bevorstehenden Risikoaversion-getriebenen Ausverkauf frühzeitig erkennen willst, trainiere deinen Verstand darin, zwei psychologische Strömungen bei anderen Händlern zu erkennen, die oft unter der Oberfläche wirken:
Versagen bei der Aktualisierung von Überzeugungen
Sozialer Beweis
Was ist das Versagen beim Aktualisieren von Überzeugungen?
Auch bekannt als „belief perseverance“ beschreibt dieser psychologische Prozess, wenn jemand Schwierigkeiten hat, seine Ansichten zu ändern, selbst wenn klare, widersprüchliche Beweise vorliegen.
Statt sich anzupassen, klammern sie sich an das, was sie „schon wissen“ – manchmal sogar noch fester, je mehr Fakten sich anhäufen.
Wie erkennt man es?
Du erkennst es daran, dass sich Vermögenspreise der Realität widersetzen. Trotz wachsender Warnzeichen (wie rückläufigen Auslieferungen, Politisierung oder schwächeren Fundamentaldaten) passen sich die Preise nicht sofort an. Nicht, weil die Nachrichten nicht ernst wären, sondern weil zu viele Händler noch an der Erzählung von gestern festhalten.
Analysten und Trading-Communities wiederholen vertraute Mantras: „Tesla erholt sich immer“ oder „der Markt überreagiert“. Diese Phrasen können zwar beruhigen, schaffen aber keine Klarheit und verzögern notwendige Entscheidungen.
Selbst wenn sich die Daten verschlechtern, bleiben Stimmungsumfragen und Investorenprognosen oft merkwürdig optimistisch. Doch diese Zuversicht ist kein echtes Vertrauen, sondern Trägheit – der Geist widersteht dem Wandel. Und wenn die Realität schließlich durchbricht, sind die Ausstiege nicht strategisch, sondern plötzlich, emotional und ansteckend.
WICHTIGSTE ERKENNTNIS:
Wenn Sie beobachten, dass Trader sich weigern, sich anzupassen, obwohl die Risikofaktoren zunehmen, sehen Sie möglicherweise gerade, wie sich ein „Belief Updating Failure“ in Echtzeit abspielt.
Ein durch Risikoaversion ausgelöster Ausverkauf könnte nicht mehr weit entfernt sein.
Was ist sozialer Beweis?
Social Proof ist unsere Neigung, anderen zu folgen (besonders in unsicheren Situationen), im Vertrauen darauf, dass die Masse am besten Bescheid weiß. Es fühlt sich sicher an. Sobald der „Belief Updating Failure“ nachlässt und die Unsicherheit steigt, suchen risikoaverse Trader oft Trost in der Menge, beobachten, was andere tun, und werten das als Signal für Sicherheit.
Das ist sozialer Beweis in Aktion.
Wie erkennt man es?
Oft beginnt es mit plötzlichen, gebündelten Verkäufen. Wellen vorsichtiger Trader ziehen sich zurück, steigen synchron aus einem Vermögenswert aus und investieren stattdessen in sichere Häfen wie Gold. Es wirkt koordiniert, ist es aber nicht. Es ist kollektive Angst, die als Strategie getarnt ist: Sozialer Beweis in Aktion.
Dann folgen die Erzählungen. Foren füllen sich mit bekannten Phrasen wie „Alle steigen aus“ oder „Sicher ist sicher“. Analysten wiederholen diese Aussagen, nicht immer aus Einsicht, sondern aus Instinkt. Das sind keine Datenpunkte, sondern emotionale Signale. Und je öfter sie wiederholt werden, desto mehr Trader folgen nicht aus Überzeugung, sondern aus Komfort.
Die Stimmungsindikatoren schießen in die Höhe. Werkzeuge wie der Fear and Greed Index schwanken heftig, springen von extremer Gier zu plötzlicher Angst. Das liegt nicht daran, dass sich die Fundamentaldaten des Vermögenswerts über Nacht geändert haben, sondern daran, dass sich die Emotionen verändert haben.
WICHTIGSTE ERKENNTNIS:
Wenn du beobachtest, wie Trader gleichzeitig aus demselben Asset aussteigen und dabei emotionale Erzählungen wiederholen, obwohl die Fundamentaldaten stabil bleiben, könnte das ein Anzeichen für Sozialer Beweis sein.
Erfolgsweisheiten im Überblick
Der dramatische Kurseinbruch von Tesla am 10. März 2025 war eine Marktreaktion, die durch eine verspätete, große psychologische Verschiebung ausgelöst wurde. Die Politisierung der Marke führte bei den Aktionären zu einem „Belief Updating Failure“. Sobald die Folgen dieser Politisierung nicht mehr zu ignorieren waren, vereinten sich Risikoaversion und Sozialer Beweis und trugen zum zweitgrößten Ein-Tages-Verlust in der Geschichte des Elektroauto-Giganten bei.
Als Trader hast du die beste Chance, erfolgreiche Entscheidungen beim Aktienhandel zu treffen, wenn du diese psychologischen Faktoren erkennst, bevor sie zu Handlungen führen und Schlagzeilen machen.
Märkte bewegen sich nicht wegen deiner Trades – sie bewegen sich wegen der Trades aller anderen. Um klug zu handeln, denke weiter. Versetze dich in die Psychologie der Masse und bleibe wachsam, aufmerksam und klar, wenn andere es nicht sind. Wer die Masse versteht, kann besser vorhersehen, was als Nächstes passieren könnte.
Abschließende Gedanken
Nach dem Tiefststand von 217 $ am 10. März 2025 scheint sich die Tesla-Aktie inzwischen erholt zu haben und notiert zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Textes bei rund 340 $, was einem Plus von über 57 % entspricht – ein ermutigendes Zeichen für alle, die Tesla-Aktien handeln möchten.
Diese Erholung steht im Einklang mit einer bewussten Veränderung der politischen Markenstrategie. Nach einer weiteren Politisierung der Aktie, einschließlich eines Fotoshootings auf dem Südrasen des Weißen Hauses, bei dem Präsident Trump und Elon Musk am 11. März die Elektrofahrzeuge des Konzerns präsentierten, sowie Musks fortgesetzter Rolle in der US-Regierung, scheint die Führung von Tesla die Politisierung zurückzunehmen:
Am 20. März erklärte Elon Musk bei der Tesla-Gigafactory in Texas:
„Wenn man die Nachrichten liest, fühlt es sich an wie das Ende der Welt. Ich kann nicht am Fernseher vorbeigehen, ohne einen brennenden Tesla zu sehen.“ Dazu sagte er auch: „… aber ich bin hier, um Ihnen zu sagen, dass die Zukunft unglaublich rosig und aufregend ist“, was auf eine Wende in der Politisierung seines Images hindeutet. Vier Tage später stieg die Aktie des von Elon Musk geführten Unternehmens um 11,93 % und schloss bei 278,39 $.
Am 22. April 2025 kündigte Elon Musk während der Quartalskonferenz von Tesla an: „Im Mai werde ich deutlich weniger Zeit für DOGE aufwenden ... Ich werde viel mehr Zeit Tesla widmen.“ Am folgenden Tag stieg die Aktie um etwa 5,37 %.
Am 20. Mai erklärte Elon Musk auf einem Bloomberg-Forum in Doha, dass er beabsichtige, die Politisierung seiner Ausgaben für Wahlkampfspenden deutlich zu reduzieren: „Ich denke, ich habe genug getan“ und „Ich sehe derzeit keinen Grund, weiterhin politisch zu spenden.“
Die Erholung von Tesla scheint mit dieser bewussten Änderung des politischen Narrativs übereinzustimmen. Händler, die sich im März aufgrund von Risikovermeidung distanziert hatten, scheinen nun zurückzukehren, ermutigt durch klarere Botschaften und eine wahrgenommene Neuausrichtung auf das Kerngeschäft.
Doch reicht das aus, um den durch die Politisierung verursachten Schaden vollständig zu beheben? Die politischen Narben sind noch spürbar. Doch diese Erholung zeigt, dass die Märkte – wie Menschen – bereit sind zu vergeben, wenn Taten mit langfristigem Wert übereinstimmen.
Für den Moment könnte der Silicon-Valley-Autobauer die Wende bei der Risikoaversion geschafft haben. Ob er den Kurs hält, hängt nicht nur von der Performance ab, sondern auch von der Wahrnehmung. Und in heutigen Märkten ist das die halbe Miete.
Haftungsausschluss:
Bitte beachten Sie, dass die in diesem Artikel bereitgestellten Informationen zum Zeitpunkt der Erstellung korrekt waren. Marktbedingungen und Wirtschaftsdaten können sich schnell ändern. Dieser Inhalt dient ausschließlich zu Informationszwecken und sollte nicht als alleinige Grundlage für finanzielle Entscheidungen verwendet werden.
Am 10. März 2025 stürzten die Tesla-Aktien um 15,5 % ab und schlossen bei 222,15 $: der stärkste Tagesverlust seit fast fünf Jahren. Der Ausverkauf folgte auf einen dramatischen Rückgang der Tesla-Verkäufe in Deutschland im Februar – ein Minus von 76 % im Jahresvergleich, mit nur 1.429 verkauften Fahrzeugen im ganzen Land.
Im Zentrum dieses Rückgangs? Elon Musks öffentliche Unterstützung der rechtsextremen AfD während der entscheidenden Bundestagswahl – ein Schritt, der den kalifornischen Autobauer politisierte und eine breite Marktreaktion sowie Kritik auslöste.
Der darauffolgende Einbruch von Absatz und Aktienkurs spiegelte einen Wandel in der Wahrnehmung des E-Auto-Giganten wider: Die Marke wurde nicht mehr nur als Produkt gesehen, sondern als politisches Symbol – ein klassisches Beispiel für das, was wir die Politisierung von Aktien nennen.
